Der Europäische Gerichtshof gibt der Deutschen Umwelthilfe Recht: Die deutschen Behörden haben wohl zu Unrecht Diesel-Autos genehmigt, deren Abgasreinigung nur bei milden Temperaturen sauber funktioniert. Das hat Folgen.
Die Deutsche Umwelthilfe hat vor dem Europäischen Gerichtshof ein Klagerecht gegen deutsche Behörden im Diesel-Abgasskandal durchgesetzt. Die Organisation habe das Recht, gegen Typgenehmigungen des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) für Autos vorzugehen, urteilte das Gericht am Dienstag in Luxemburg (Rechtssache C-873/19). Zudem bestätigte der Gerichtshof, dass das in etlichen Dieselfahrzeugen verwendete Thermofenster rechtswidrig ist, das die Abgasreinigung im Winterhalbjahr weitgehend abschaltet.

»Eine Software für Dieselfahrzeuge, die die Wirkung des Emissionskontrollsystems bei üblichen Temperaturen und während des überwiegenden Teils des Jahres verringert, stellt eine unzulässige Abschalteinrichtung dar«, teilte das Gericht mit. Die nationalen Behörden dürften Ausnahmen von den Abgasregeln nur zulassen, wenn diese zwingend zum Schutz des Motors nötig seien und keine technische Alternative verfügbar sei – und auch dann dürfe die Ausnahme nicht zur Regel werden.
»Heute ist ein guter Tag für Anwohner stark befahrener Straßen in deutschen Städten«, kommentierte Umwelthilfe-Geschäftsführer Jürgen Resch. Tausende vermeidbare Todesfälle pro Jahr gingen auf das Konto der illegal ausgestoßenen Abgase. Auch die Eigentümerinnen und Eigentümer von mindestens fünf Millionen Autos würden in ihren Rechten gegen das »kriminelle Verhalten der Industrie« gestärkt. Die betroffenen Fahrzeuge müssen nach Schätzung der Umwelthilfe nun aus dem Verkehr gezogen werden. Das Kraftfahrt-Bundesamt müsse die Hersteller anweisen, entweder die Fahrzeuge mit der nötigen Hardware nachzurüsten oder sie stillzulegen und die Besitzer dafür zu entschädigen. Resch forderte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf, der Behörde einen solchen Rückruf sofort aufzutragen.